Potential-
Ausgleich
in Ex-Bereichen
#Explosionsschutz

Explosionsschutz 17.01.2023 zurück

Erdung und Potentialausgleich in explosionsgefährdeten Bereichen

Beitrag von:
Alexander Emmrich

Titelbild:

bilidi-kunst / stock.adobe.com

Landscape
  • Fachverantwortung Maschinensicherheit
  • Fachverantwortung Explosionsschutz
  • Industriemeister Metall (IHK)
  • Fachberater Explosionsschutz

Titelbild:

bilidi-kunst / stock.adobe.com

Kontakt:

+49 7254 40398 - 0
info@rau-arbeitsschutz.de

Mit welchen technischen und organisatorischen Maßnahmen Sie Brand- und Explosionsgefährdungen vermeiden. Praxisnah und Verständlich.

In vielen Betrieben werden Tätigkeiten und Prozesse mit brennbaren Stoffen durchgeführt, die unter bestimmten Umständen zur Bildung gefährlicher explosionsfähiger Atmosphäre führen. In diesen umgangssprachlich als „Ex-Bereich“ bezeichneten Bereichen und Anlagenteilen sind besondere Schutzmaßnahmen hinsichtlich der Entzündung gefährlicher explosionsfähiger Atmosphäre zu treffen. Das heisst, es müssen sämtliche Zündquellen oder Bedingungen, die Brände oder Explosionen auslösen können, vermieden werden. Die gemäß dem Stand der Technik bekannten üblichen Zündquellen werden in den Technischen Regeln für Gefahrstoffe (TRGS) als wirksame Zündquellen bezeichnet und erläutert, eine davon ist die statische Elektrizität.

Begriffserklärung

Während einer Tätigkeit oder eines Prozesses kann es durch Vorgänge wie z.B. Reiben, Zerstäuben, Ausschütten von festen Stoffen oder beim Strömen von Flüssigkeiten und Gasen zur Bildung von statischer Elektrizität kommen. Dabei entsteht ein Potentialunterschied zwischen zwei Stoffen oder Gegenständen, der sich kurzzeitig wieder entladen kann. Bei dieser Entladung kann es unter Umständen zu einem Funkenüberschlag kommen. Dieser Funkenüberschlag kann bei einer bestimmten Zündenergie wiederum zur Entzündung einer gefährlichen explosionsfähigen Atmosphäre führen. Dies kann z.B. auch passieren, wenn Personen laufen oder ihre Kleidung wechseln und dabei durch ihre Schuhe oder den Fußboden isoliert sind. Kommt es nun zum Kontakt mit einem leitfähigen, geerdeten Gegenstand (z.B. Türgriff), kann es zum genannten Funkenüberschlag kommen, der als Zündquelle dienen kann.

Um eben solche gefährlichen Potentialunterschiede wirksam zu verhindern sind spezifische Maßnahmen zum Potentialausgleich erforderlich. Der Potentialausgleich stellt dabei die Verbindung von leitfähigen Gegenständen bzw. Stoffen (diese haben einen spezifischen Widerstand <104 Ohm), ableitfähigen Gegenständen bzw. Stoffen (diese haben einen spezifischen Widerstand von 104 - 109 Ohm) sowie Personen mit dem Erdkontakt (Erdung) sicher und verhindert somit gefährliche Potentialunterschiede.

Beispiel aus der Praxis

Da das Umfüllen brennbarer Flüssigkeiten sicherlich zu den häufigsten Tätigkeiten mit Explosionsgefahr zählt, wird nachfolgend der korrekte Potentialausgleich hierfür beschrieben. Soll beispielsweise eine brennbare Flüssigkeit aus einem Metallgebinde (Kanister) mit 20 Liter Nennvolumen in eine Sprühflasche aus Kunststoff (isolierend) mit 2 Liter Nennvolumen umgefüllt werden, ist die Person mit ableitfähigem Schuhwerk über den ableitfähigen Fußboden zu erden. Das Metallgebinde ist z.B. über eine Erdungszange in den Potentialausgleich einzubinden, ebenfalls der (Metall)-Trichter, der zum Umfüllen verwendet wird. Falls der Vorgang auf einer Waage und/oder in einer Auffangwanne stattfindet, sind auch diese Gegenstände zu erden. Die Strömungsgeschwindigkeit darf hierbei maximal 1m/s betragen und die Gebindegröße der Kunststoffsprühflasche muss begrenzt sein. Wird die Tätigkeit zum Schutz des Mitarbeiters unter einer Objektabsaugung durchgeführt, muss auch diese aus leitfähigem oder ableitfähigem Material bestehen. Würden Schläuche mit Kupplungen zum Einsatz kommen, z.B. beim Umfüllen brennbarer Flüssigkeit aus einem IBC-Gebinde in ein kleineres Gebinde, müssen auch die Schläuche und Kupplungen in den Potentialausgleich eingebunden werden. Eine ganze Reihe von Anforderungen also, und das bei einem scheinbar einfachen, alltäglichen Prozess.

Es wird deutlich, dass beim Thema Potentialausgleich in explosionsgefährdeten Bereichen mehrere Einflussfaktoren und Details betrachtet werden müssen. Um den Potentialausgleich dauerhaft und wirksam sicherzustellen, sind technische und organisatorische Schutzmaßnahmen erforderlich, und auch die verwendete persönliche Schutzausrüstung der Mitarbeiter kann von großer Bedeutung sein.

So machen Sie es richtig

Um diesen Anforderungen gerecht zu werden, benötigen Sie eine Gefährdungsbeurteilung als Grundlage. Natürlich fordern verschiedene Regelwerke, dass in explosionsgefährdeten Bereichen der Potentialausgleich generell sichergestellt sein muss. Allerdings wird diese pauschale Anforderung an anderer Stelle teilweise wieder relativiert bzw. konkretisiert, deshalb müssen die Anforderungen individuell erörtert und festgelegt werden.

Vorausgesetzt, die explosionsgefährdeten Bereiche sind festgelegt und bekannt sowie in Zonen eingeteilt, sind die Wahrscheinlichkeit und Wirksamkeit der Zündquellen in Abhängigkeit der vorhandenen Zonen zu bewerten. Dazu zählt wie bereits beschrieben u.a. die statische Elektrizität. Um diese sicher bewerten zu können, müssen sämtliche im Prozess bzw. bei der Tätigkeit verwendeten Stoffe, Materialien und Vorgänge bekannt sein. Die Auslegung und Ausführung der jeweiligen Einrichtungen zur Erdung und zum Potentialausgleich muss individuell festgelegt werden, da je nach Prozess und Stoff unterschiedlich starke Ströme fließen können. Grundsätzlich sollte jedoch darauf geachtet werden, dass die Anzahl von manuell zu handhabenden Erdungsvorrichtungen wie z.B. Erdungsklemmen so gering wie möglich gehalten wird, um dadurch die Wahrscheinlichkeit von Fehl- oder Nichtverwendung durch die Mitarbeiter zu minimieren. Ebenso sollten die Vorrichtungen leicht zu handhaben und funktionssicher sein. Zur manuellen, temporären Erdung von Gegenständen haben sich sogenannte „Krokodilklemmen“ als zweckmäßig erwiesen. Teilweise verfügen diese sogar über eine Eigenüberwachung mit optischer Anzeige, sodass durch den Anwender unmittelbar festgestellt werden kann, ob ein ausreichender Potentialausgleich vorhanden ist. Bei fest installierten Teilen des Potentialausgleichs ist darauf zu achten, dass z.B. Schraubverbindungen ausreichend gegen unbeabsichtigtes Lösen gesichert sind. Sämtliche Einrichtungen, die zur Erdung oder zum Potentialausgleich verwendet werden, sind dauerhaft und eindeutig zu kennzeichnen.

Sind die grundsätzlichen Anforderungen an den Potentialausgleich in Abhängigkeit von Tätigkeit, Prozess und den verwendeten Stoffen beurteilt und festgelegt, müssen im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung auch die Fristen bzw. Intervalle zur Prüfung festgelegt werden. Ebenso ist die Qualifikation der Person, die diese wiederkehrende Prüfungen des Potentialausgleich durchführt, festzulegen. Beides ist entsprechend zu dokumentieren, ebenso die Ergebnisse durchgeführter Prüfungen.

Da es sich bei Maßnahmen zum Potentialausgleich und zur Erdung um Schutzmaßnahmen des Explosionsschutzes im Sinne der TRGS 723 handelt, sind diese im Explosionsschutzdokument zu dokumentieren.

Sämtliche aufgezählten Maßnahmen sind nur wirksam, wenn sie auch richtig angewendet werden. Daher ist als letztes Glied in der Kette natürlich die dokumentierte Unterweisung der Mitarbeiter über die Notwendigkeit der Maßnahmen zur Erdung und zum Potentialausgleich sowie deren korrekte Anwendung auf Grundlage der Gefährdungsbeurteilung und der Betriebsanweisung erforderlich.

Checkliste:

  • Gefährdungsbeurteilung für Tätigkeiten und Prozesse mit brennbaren Medien durchführen
  • Anforderungen an Potentialausgleich und Erdung festlegen
  • Erforderliche Dokumentationen erstellen
  • ggfs. Explosionsschutzdokument erstellen bzw. anpassen
  • Mitarbeiter schulen und unterweisen
Bitte das Display drehen!