Vorgehen
bei der GB
#Gefährdungsbeurteilung
Gefährdungsbeurteilung Teil 3 - So gehen Sie bei der tätigkeitsbezogenen GB vor.
In diesem Artikel erfahren Sie, wie Sie eine tätigkeitsbezogene Gefährdungsbeurteilung erstellen. In 7 Schritten und inkl. Praxistipps.
In meinen vorherigen Artikeln habe ich Ihnen erläutert, wer für die Umsetzung der Gefährdungsbeurteilung verantwortlich ist und welche verschiedenen Arten von Beurteilungen es gibt. In diesem Artikel erhalten Sie Praxistipps zu den 7 Handlungsschritten zur Erstellung einer tätigkeitsbezogenen Gefährdungsbeurteilung. Führen Sie diese Schritte nacheinander durch. Dadurch erhöhen Sie die Sicherheit in Ihrem Unternehmen und kommen zeitgleich Ihren gesetzlichen Verpflichtungen nach.
Schritt 1: Arbeitsbereiche und Tätigkeiten erfassen
Zu Beginn des Prozesses listen Sie alle Tätigkeiten auf, welche bei Ihnen im Unternehmen oder in Ihrem Verantwortungsbereich durchgeführt werden. Damit nichts unberücksichtigt bleibt, empfehle ich Ihnen, die Bereiche und Arbeitsplätze zu begehen. Beteiligen Sie auch verantwortliche Personen aus den einzelnen Abteilungen daran. Diese haben oftmals einen anderen Blick auf die Arbeitsvorgänge. Betrachten Sie nicht nur die Hauptprozesse, sondern erfassen Sie auch vor- bzw. nachgelagerte Tätigkeiten. Beispielhaft sind hier Arbeitsschritte wie der Einricht- oder Rüstbetrieb von Maschinen zu nennen. Ebenso sind Tätigkeiten zu berücksichtigen, die außer Haus durchgeführt werden, wie es z.B. bei Montagen der Fall ist.
Schritt 2: Gefährdungen ermitteln
Nachdem Sie alle Tätigkeiten erfasst haben, geht es nun darum, festzustellen, welche Gefährdungen bei deren Ausübung vorkommen und deren Ursachen zu identifizieren. Ebenso sind Gefahren zu berücksichtigen, die von benachbarten Arbeitsplätzen ausgehen oder Auswirkungen auf diese haben. Ein Beispiel ist der Umgang mit Gefahrstoffen. Deren gefährliche Dämpfe können sich über den Arbeitsplatz, an dem sie eingesetzt werden, hinaus ausbreiten und somit andere Personen gefährden. Bei der Gefährdungsermittlung empfiehlt es sich, die Beschäftigten, die an den Arbeitsplätzen tätig sind, zu beteiligen. Diese führen die Arbeiten regelmäßig aus und kennen daher die Maschinen oder Abläufe in der Regel so gut, wie kaum ein Anderer. Aus diesem Grund kennen sie auch die Gefahren, die von der Tätigkeit ausgehen. Eine Auflistung der einzelnen Gefährdungsfaktoren ist bei der baua (Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin) erhältlich.
Schritt 3: Gefährdungen beurteilen
Der nächste Schritt besteht darin, das Risiko der ermittelten Gefährdungen zu beurteilen. Dabei ist zunächst zu prüfen, ob in Regelwerken Grenzwerte oder bestimmte Beurteilungsmethoden festgelegt sind. Sind solche vorhanden, sind diese anzuwenden. Als Beispiel sind hier die technische Regel für Gefahrstoffe „TRGS 900 - Arbeitsplatzgrenzwerte“ oder die Leitmerkmalmethode „Heben, Halten und Tragen von Lasten“ zu nennen. Ebenso sind branchen- oder tätigkeitsbezogene Handlungsempfehlungen heranzuziehen und der Stand der Technik zu berücksichtigen. Sind keine entsprechenden Regelwerke vorhanden, sind vom Arbeitgeber oder Vorgesetzten eigenständig Beurteilungsmaßstäbe festzulegen. Dabei sind unter Anderem Aspekte zu berücksichtigen, wie Art, Ausmaß und Dauer der Exposition.
Zur Beurteilung der ermittelten Gefährdungen gibt es verschiedene Methoden. Eine, die häufig verwendet wird, ist die Risikomatrix nach NOHL. Dabei wird zum Einen die Schwere und zum Anderen die Eintrittswahrscheinlichkeit eines Schadens eingeschätzt. Die Maßzahl, die sich aus dem Produkt beider Zahlen ergibt, bestimmt das Risiko. Dieses befindet sich entweder im (grünen) Akzeptanz-, (gelben) Besorgnis- oder (roten) Gefahrenbereich.
Die beiden oben aufgeführten Beispiele (TRGS 900 und Leitmerkmalmethode) sind nur ein minimaler Auszug aller existierender Regelwerke. Zählt man allein die technischen Regeln für Gefahrstoffe zusammen, kommt man auf eine Anzahl von über 70 Stück. Für Unerfahrene ist es daher schwer, bzw. beinahe unmöglich, sich einen Überblick über alle Regelwerke zu verschaffen.
Daher meine Empfehlung: Lassen Sie sich durch Personen unterstützen, die langjährige Erfahrungen mit dem Erstellen von Gefährdungsbeurteilung haben, wie z.B. die Fachkraft für Arbeitssicherheit. Diese kennen die Regelwerke und wenden sie bei der Beurteilung an. So wird sichergestellt, dass nichts unberücksichtigt bleibt und alles rechtskonform abläuft.
Schritt 4: Schutzmaßnahmen festlegen
Nachdem die Gefährdungen beurteilt wurden, sind Schutzmaßnahmen festzulegen. Je größer das Risiko ist, desto wichtiger ist es, Maßnahmen zu dessen Minimierung zu bestimmen. Bei deren Auswahl ist möglichst das „STOP-Prinzip“ anzuwenden. Die einzelnen Buchstaben stehen für Substitution, Technisch, Organisatorisch, Persönlich. Die Maßnahmen sind möglichst in dieser Reihenfolge auszuwählen. Oberstes Ziel sollte sein, die Gefahrenquelle zu substituieren. Da dies oftmals jedoch nicht möglich ist, sind als nächstes technische Maßnahmen das Mittel der Wahl. Dies kann z.B. ein Schutzzaun sein, der den Mitarbeiter von der Gefahrenquelle fern hält. Ist eine technische Lösung nicht umsetzbar, sind organisatorische Maßnahmen zu ergreifen. Dies kann z.B. eine zeitliche oder räumliche Trennung von Beschäftigten und Gefahrenquelle sein. Sind alle vorgenannten Maßnahmen nicht möglich, sind persönliche Maßnahmen zu ergreifen. Dies können z.B. Schulungen oder Unterweisungen der Beschäftigten oder auch persönliche Schutzausrüstung (PSA) sein. Manchmal kann es auch erforderlich sein, mehrere Maßnahmen miteinander zu kombinieren, um das Risiko auf ein akzeptables Maß zu reduzieren.
Bei diesem Prozessschritt empfehle ich, die betroffenen Beschäftigten einzubinden. Zum Einen können diese ihre Erfahrung einbringen. Zum Anderen steigt deren Akzeptanz, die Maßnahmen im späteren Arbeitsalltag umzusetzen, da sie auch bei deren Festlegung mitgewirkt haben.
Schritt 5: Maßnahmen durchführen
Nachdem Sie Maßnahmen festgelegt haben, gilt es nun, diese zu priorisieren und umzusetzen. Hierbei ist es wichtig, Fristen festzulegen. Eine möglichst zeitnahe Erledigung ist anzustreben. Darüber hinaus sind Personen zu bestimmen, die für die Umsetzung verantwortlich sind. Werden diese Punkte berücksichtigt, steht einer erfolgreichen Durchführung nichts im Wege.
Schritt 6: Wirksamkeit überprüfen
Durchgeführte Maßnahmen bringen leider nicht immer den erhofften Erfolg. Daher sind sie nach der Umsetzung zu prüfen. Es ist darauf zu achten, ob sie wie geplant durchgeführt und die Gefährdungen beseitigt, bzw. hinreichend minimiert wurden. Ebenso ist zu berücksichtigen, ob sich Wechselwirkungen ergeben haben und nun neue Gefährdungen vorliegen. Ein Beispiel hierfür ist das Tragen von Handschuhen zum Schutz vor scharfkantigen Teilen. Diese schützen zwar vor Schnittverletzungen, stellen jedoch eine zusätzliche Gefährdung dar, wenn sie an einer Drehmaschine während des Bearbeitungsvorgangs getragen werden.
Ergibt das Ergebnis der Überprüfung, dass die Gefährdungen nicht ausreichend minimiert wurden, sind die vorherigen Prozessschritte zu wiederholen.
Schritt 7: Dokumentieren und Fortschreiben
Seitens des Gesetzgebers ist es vorgeschrieben, die Gefährdungsbeurteilung zu dokumentieren. An deren Form gibt es nur folgende Anforderungen. Es muss erkennbar sein, dass sie im erforderlichen Umfang durchgeführt wurde. Sie muss nachvollziehbar und transparent sein. Sie sollte Folgendes enthalten: Auflistung der beteiligten Personen, Zeitpunkt der Durchführung, Ergebnis der Beurteilung mit dem Ausmaß der Gefährdungen (gering, mittel, hoch), die festgelegten Maßnahmen und deren Überprüfung auf Wirksamkeit. Auch bei diesem Schritt kann Sie die Fachkraft für Arbeitssicherheit unterstützen, denn sie verfügt über die erforderlichen Dokumente und Vorlagen und kann somit die Dokumentation für Sie übernehmen.
Checkliste:
- Erfassen Sie alle zu beurteilenden Bereiche und Tätigkeiten (Schritt 1)
- Fordern Sie bei Bedarf die Unterstützung der Fachkraft für Arbeitssicherheit oder des Betriebsarztes an
- Durchlaufen Sie die Prozessschritte 2-6
- Dokumentieren Sie die Gefährdungsbeurteilung (Schritt 7)